- Was bedeutet eigentlich “Logistik”?
- Ubiquitous Computing und Radio-Frequency-Identification
- Informationssysteme
- Warenlagerung
- Warentransport und Fördertechnik
- Chancen der Digitalisierung in der Unternehmenslogistik
- Risiken der Digitalisierung in der Unternehmenslogistik
1. Was bedeutet eigentlich “Logistik”?
Der Begriff der „Logistik“ ist in seiner Wortherkunft nicht eindeutig zuzuordnen und wird in der Literatur durch mehrere, unterschiedliche Ansätze erklärt. Zunächst erscheint es logisch, den Begriff vom Wort „Logik“ abzuleiten. Die Logik bezieht sich dabei vornehmlich auf das folgerichtige Denken und Schlussfolgern anhand gegebener Aussagen, wobei der Gegenstand der Betrachtung unerheblich ist. Oft und vornehmlich wird auch das Militärwesen als ausschlaggebender Faktor für die Entwicklung des Begriffes der Logistik angesehen. Das französische Wort „loger“ bedeutet übersetzt soviel wie „logieren, unterbringen oder Quartier machen“, was einen Bezug zur Logistik erahnen lässt. Im Kontext des Militärs wird der Begriff der Logistik bereits seit dem 19. Jahrhundert verwendet und bezeichnet dort die Planung der Truppenbewegungen, des Materialnachschubs und die Versorgung der Truppen.
Die moderne, industrielle Logistik lehnt somit in gewisser Weise an der Logistik des Militärs an, denn sie definiert sich vorrangig über die folgenden Elemente: die Transport- und Lagerungsprozesse von Waren und Gütern, das Be- und Entladen der Transportmittel, das Umschlagen der Waren und Güter sowie das Kommissionieren.
Das logistische System eines Industrieunternehmens wird auch als Logistikkette beschrieben und stellt den kompletten Güterfluss von den Lieferanten zum Unternehmen, innerhalb des Unternehmens und von dort zu den Kunden – also die genaue Abfolge von Transport-, Lager- und Produktionsprozessen.
Dabei stellt der Güterfluss von und zum Unternehmen wesentliche Transportprozesse dar, während der Güterfluss innerhalb des Unternehmens vornehmlich durch Produktionsprozesse beeinflusst wird. Auch wenn die Produktionsprozesse per Definition nicht zur Logistik gezählt werden, so sind sie in der Praxis doch häufig aufgrund der engen Verbindung zu den logistischen Prozessen ebenso wie die Produktionsplanung und -steuerung als ein Teil dieser anzusehen.
Im Rahmen des Supply-Chain-Managements wird die Logistikkette ganzheitlich betrachtet und möglichst effizient ausgerichtet. In nahezu jedem Industrieunternehmen entsteht ein Netzwerk aus vielen einzelnen Organisationen, die von verschiedenen Rohstoff-Zulieferern bis zum Endkunden reichen, deren Interaktionen untereinander genauer Planung bedürfen. Die Anforderungen des Kunden sollen erfüllt, die Lagerkosten verringert und die gesamte Lieferzeit möglichst kurz gestaltet werden. Weiterhin sollen auch für das Unternehmen selbst die Prozesse optimiert und Kosten eingespart werden.
2. Ubiquitous Computing und Radio-Frequency-Identification
„Ubiquitous Computing“ bedeutet im Deutschen „ubiquitär“, was so viel wie „überall verbreitetes“ oder „allgegenwärtiges“ Rechnen bedeutet. Ubiquitous Computing steht für die optisch unsichtbare Einbettung von winzig kleinen Computer-Systemen in Alltagsgegenständen und anderen Objekten zu verschiedenen Zwecken.
Ein prägnantes und bekanntes, altbewährtes Beispiel für Ubiquitous Computing ist unter anderem die sogenannte Radio-Frequency-Indentification, auch RFID gennant. Die RFID-Technologie basiert auf dem System der Funkerkennung und gilt als die erste für den Masseneinsatz taugliche und daher betriebswirtschaftlich relevante Ausprägung des Ubiquitous Computing.
Ein RFID-System besteht in der Regel aus zwei Komponenten, dem Transponder und einem RFID-Lesegerät und kann in vielen verschiedenen Bereichen, unter anderem auch in der Logistik, eingesetzt werden. Das Lesegerät erzeugt dabei ein elektromagnetisches Feld mit Informationen, welches vom Transponder empfangen und verarbeitet wird, ohne dabei in direktem Kontakt zum Lesegerät stehen zu müssen.
3. Informationssysteme
Einen wichtigen Bestandteil der Logistik stellen heute Enterprise-Resource-Planning-Systeme und Warehouse-Management-Systeme dar. Diese Systeme vereinen alle unternehmensrelevanten Bereiche miteinander und ermöglichen es, Informationen zu bündeln. Bei einem ERP-System ist zwar grundsätzlich jedes Modul eigenständig und kann auch als solches betrieben werden, allerdings bietet diese Art der Software den Vorteil, dass alle Module eine einheitliche Datenbasis nutzen und somit auch als Gesamtsystem genutzt werden können. In Zeiten, in denen es auf maximale Effizienz ankommt und alle Informationen miteinander in Relation stehen, sind solche Systeme unverzichtbar geworden.
Große Hersteller, die solche Systeme anbieten, sind unter anderem die Firmen SAP, Oracle, Sage oder Microsoft. Mit einem weltweiten Gesamtumsatz von 27,34 Milliarden Euro im Jahr 2020 gilt die SAP AG als einer der Big Player im ERP-Markt, welche ihren Umsatz in den letzten 10 Jahren um mehr als das Doppelte erhöhen konnte.
Das Lagerverwaltungs-System von SAP heißt Extended Warehouse Management, kurz EWM und bietet neben dem weltweit mehr als 5000 mal installierten Modul Logistics-Execution-System zur Lagerhaltung einen erweiterten Funktionsumfang.
Über Schnittstellen können Stammdaten, Belege und Bewegungsdaten abgeglichen und ausgetauscht werden, Lagerbestände und Warenbewegungen überwacht und Lagerplätze feingliedrig verwaltet und optimiert werden. Auch die Flurfördertechnik oder Produktions- und Verpackungsmaschinen können über das System gesteuert und überwacht werden. Besonders hervorzuheben ist die Verkettung der einzelnen Funktionen und Geschäftsvorfälle durch die Nutzung des Internets und Cloud-Services. Wird beispielsweise ein Wareneingang gebucht so werden unter anderem folgende Prozesse angestoßen: die Angleichung der Lagerbestände in der Materialwirtschaft, das Auslösen eines Produktionsauftrags, die Erhöhung der Lagerwerte in der Finanzbuchhaltung, sowie die Ermittlung der Kosten im Controlling.
4. Warenlagerung
In der Warenlagerung hat die Anwendung neuer Technologien bereits Einzug gehalten, so dass insbesondere Lagerbestandsdaten heutzutage überwiegend automatisch und in Echtzeit über RFID oder Bluetooth übertragen werden.
Ein weiteres Beispiel für intelligente Warenlagerung stellen Behälter dar, die ihren Füllstand selbst bestimmen und bei Bedarf eine Nachbestellung auslösen können. Der Behälter kann Anhand der bereits verbrauchten Menge, dem vorher bestimmten Verbrauch und der Beschaffungszeit somit den perfekten Zeitpunkt für eine Neubestellung kalkulieren und die Prozesskette damit deutlich verschlanken, da er so einem Mitarbeiter die Arbeit abnimmt, die Bestellung manuell auszulösen.
Neben dem Fraunhofer Institut stellt auch die Firma Würth Industrie Service solche Behälter her. Die Firma Würth stellt außerdem ein intelligentes Regalsystem namens iSHELF her, welches durch ein integriertes Lesesystem im Regalboden die RFID-Chips der jeweiligen eingelagerten Waren erkennen und auslesen kann und die Informationen über die Menge und den jeweiligen Artikel an das angekoppelte Warenwirtschaftssystem überträgt. Erkennt das System, dass ein Artikel nachbestellt werden muss, so sendet es automatisch eine Bestellung an den jeweiligen Lieferanten. Potentielle Fehlerquellen oder menschliches Versagen werden mit einem System wie diesem unterbunden, menschliche Ressourcen können anderweitig eingesetzt werden.
5. Warentransport und Fördertechnik
Der externe Warentransport ist einer der wichtigsten Teilbereiche der Supply-Chain, denn Waren und Güter werden heutzutage mehr denn je zu fixen Zeitpunkten benötigt, um Ausfälle und Leerlauf innerhalb einer Produktion zu vermeiden. Die Digitalisierung bietet anhand verschiedener Technologien die Möglichkeit, den Transport genaustens zu Steuern und zu Überwachen. Auch der Transport innerhalb der Produktion, die sogenannte Flurfördertechnik hat in den vergangenen Jahren einen großen Schritt in der Entwicklung gemacht, denn wo vorher meist ein Mitarbeiter die Waren mittels Gabelstapler oder Hubwagen befördert hat, stehen heute fahrerlose Transportsysteme zur Verfügung, die flurgebunden (also auf fixen Routen) Paletten oder Gebinde bewegen können.
Wird beispielsweise eine Ware im Fern- oder Nahverkehr befördert, bei der das durchgängige Fortbestehen einer Kühlkette vorausgesetzt ist, kann heutzutage ein Sensor angebracht werden, der dauerhaft oder in kurzen zeitlichen Abständen die tatsächliche Temperatur der Güter an eine Cloud übermittelt. So können sowohl Versender, als auch der Empfänger der Güter in Echtzeit abfragen, ob die Kühlkette bestehen bleibt oder benachrichtigt werden, sollten durch Unfälle, Stau oder eine Panne Verzögerungen entstehen, die das Kühlgeschehen unterbrechen würden. Zeitgleich wird in solchen Szenarien häufig auch eine Standortübermittlung in die Lieferung integriert, damit der Empfänger die Ankunft der Lieferung genau planen kann und gegebenenfalls sogar eine automatische Wareneingangsbuchung terminieren kann. Einige Systeme sind außerdem in der Lage, nach alternativen Lieferoptionen zu suchen und diese automatisch zu veranlassen, sollte es zu Verzögerungen oder Ausfällen kommen.
Neben den vielfältigen Kontrollmechanismen, die die Digitalisierung des Transportwesens mit sich bringt, bewegt die Transport-Industrie aber immer noch das des autonomen Fahrens. Nachdem bereits im Jahr 2017 das Gesetz zum automatisierten Fahren und somit eine Änderung zugunsten des autonomen Fahrens im Straßenverkehrsgesetzes eintrat, hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr im Juli 2021 nun endlich den Rechtsrahmen geschaffen, damit autonome Kraftfahrzeuge (Stufe 4) in festgelegten Betriebsbereichen im öffentlichen Straßenverkehr im Regelbetrieb fahren können – und das bundesweit. Für das Transportwesen wird also nun der Weg bereitet, in Zukunft gänzlich auf menschliche Fahrer zu verzichten und den Beruf des Frachtführers zu einem Büro-Job zu machen.
6. Chancen der Digitalisierung in der Unternehmenslogistik
Generell bietet die Nutzung neuer Technologien und Cloud-Services in der Unternehmenslogistik viele Vorteile und Chancen, so dass die Debatte generell alles andere als kontrovers geführt wird. Die Vorteile einer vernetzten und voll integrierten Supply-Chain sind im Kontrast zu herkömmlichen Lösungen oder Risiken sehr groß.
Finanziell gesehen müssen Unternehmen heute bei Inanspruchnahme von Cloud-Services geringere Investitionskosten in die eigene IT-Infrastruktur in Kauf nehmen, was eine Verringerung der Kapitalbindung und niedrigere Betriebs- und Wartungskosten zur Folge hat. Auf operativer Ebene bieten Cloud-Services eine flexiblere, agilere und bedarfsorientierte Anpassbarkeit der IT-Infrastruktur, eine schnellere Realisierung von IT Projekten, einen reduzierten Administrations- und Wartungsaufwand, sowie die Möglichkeit von jedem Ort der Welt auf die unternehmensinternen Daten zugreifen zu können, sofern eine Internetverbindung vorliegt. Die Wettbewerbsvorteile sowie die Entwicklung neuer Geschäftsbereiche und Strukturen werden gestärkt und die Markteintrittsbarrieren gesenkt. Für kleine und mittelständische Unternehmen bedeutet der Zugang zu Cloud-Services die Möglichkeit, Technologien zu nutzen, die bisher nur Großunternehmen und Konzernen vorbehalten waren.
Die Automatisierung, sowie die teilweise vollständige Autonomisierung von Logistikprozessen bieten die Möglichkeit, hocheffizient zu arbeiten. Die hohe Transparenz der Prozesse, welche durch Technologien wie RFID-Chips zur Echtzeitverfolgung der Güter ermöglicht wird, sowie die Möglichkeit Bedarfs-Prognosen anhand der großen Datenmengen zu erstellen, sind als weitere Vorteile zu nennen. Diese Möglichkeiten steigern nicht nur die Effizienz eines Unternehmens, sondern fördern auch den verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen und den Umweltschutz, indem beispielsweise durch eine optimierte Tourenplanung ein geringerer Energieverbrauch benötigt wird. Die flexible Anpassung der Logistikprozesse steigert die Kundenzufriedenheit aufgrund kürzerer Lieferzeiten und ebenso die Produktivität des Unternehmens.
7. Risiken der Digitalisierung in der Unternehmenslogistik
Neben den vielen Vorteilen der Digitalisierung und der Nutzung von Cloud-Services bietet dieser neue Ansatz der Industrie, insbesondere der IT, natürlich auch Risiken. Eines der wesentlichen Risiken ist das Risiko des Datenmissbrauchs, welches aufgrund der großen Menge der verarbeiteten Daten erhöht ist. Aus diesem Grund ist das Thema Datenschutz als ein wichtiger Teil der Industrie 4.0 zu nennen, denn die infrastrukturellen Voraussetzungen, wie etwa eine umfassende Cybersecurity, sind unumgänglich im Umgang mit neuen Technologien. Um dieses Risiko bereits im Voraus zu minimieren, sollten Anwender darauf achten, hohe Anforderungen an die Sicherheit von Cloud-Services zu stellen und die Erhaltung dieser Funktionen engmaschig mit dem Dienstleister abzustimmen. Ein weiteres Risiko stellt der negative Arbeitsmarkteffekt dar. Galt die Logistik vor kurzem noch als eine der Branchen, die nachhaltige Arbeitsplätze geboten hat, so stehen durch die zunehmende Autonomisierung und die Übernahme der Tätigkeiten durch Roboter, diese Arbeitsplätze nun mittel- bis langfristig auf dem Spiel. Auch einfache Bürotätigkeiten oder kaufmännische Aufgaben können in Zukunft durch smarte Systeme übernommen werden und könnten bestimmte Berufsbilder in Zukunft ablösen.